Ausschreibungs-Unwesen
weiter bekämpfen !!!

veröffentlicht in: Landschaftsarchitektur 02/95, S. 26.   Diesen Zeitschriftenartikel als bitte Symbol anklicken, PDF-Datei wird in gesondertem Fenster geöffnet-Datei öffnen

Verschiedentlich ist in der Vergangenheit darüber berichtet worden, daß auf Initiative der Architektenkammern Gerichte Urteile gesprochen haben, wonach Gemeinden und andere "Störer" im Sinne des Wettbewerbsrechts es zu unterlassen haben, zur Vergabe von Leistungen im Sinne der HOAI Ausschreibungen durchzuführen, die - beabsichtigt oder nicht - zur Unterschreitung der in der HOAI festgelegten Mindestsätze führen (können) (dieses Thema zusammenfassend: WIRZ 1994 und SCHMIDT & WIRZ 1994).
Daß auch die Kammern und Berufsverbände der Ingenieure in diesem Sinne tätig sind, dürfte der Landschaftsarchitektenschaft weniger bekannt sein; daher die folgenden Hinweise auf einige Gerichtsurteile, die in letzter Zeit von der Ingenieurkammer Niedersachsen veranlaßt wurden:
  • Das Oberlandesgericht Celle hat am 23.11.1994 (Az.: 13 U 65/94) eine Gemeinde dazu verurteilt, es zu unterlassen
    1. "zur Vergabe von Leistungen im Sinne der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) beschränkte Ausschreibungen durchzuführen;
    2. an Ingenieure schriftliche Honoraranfragen über die Höhe des Honorars für Ingenieurleistungen, die durch die Leistungsbilder oder durch andere Bestimmungen der HOAI erfaßt sind, zu richten in denen
      1. Angaben zu den anrechenbaren Kosten und zu der Honorarzone, in die das Bauwerk einzustufen ist, nicht gemacht sind;
      2. die Ingenieure aufgefordert werden, das Honorar für Laborversuche pauschal zu ermitteln;
      3. die Ingenieure aufgefordert werden, das Honorar für ein Gründungsgutachten pauschal zu ermitteln."
    Der beklagten Gemeinde wird für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM angedroht.

  • Das Landgericht Hildesheim hat einen wettbewerbsstörenden Leistungsanbieter (Az.: 10 O 115/94 v. 29.11.1994), ebenfalls unter Androhung eines "Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten" verurteilt, es zu unterlassen, "schriftliche Honorarangebote für Ingenieurleistungen, die durch die Leistungsbilder oder andere Bestimmungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) erfaßt sind, abzugeben, in denen
    1. abweichend vom Honorarermittlungsschema der HOAI Pauschalhonorare angeboten werden,
    2. die anrechenbaren Kosten nicht genannt sind,
    3. die Honorarzone, in die die Leistung einzustufen ist, nicht genannt ist,
    4. ein Zeithonorar angeboten wird, soweit dieses gemäß HOAI nicht ausnahmsweise zulässig ist,
    5. die Mindestsätze der HOAI unterschritten werden, ohne daß ein Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI gegeben ist."

  • Das Landgericht Hannover (Az.: 21 O 22/94 v. 16.2.1995) untersagt es einem Unternehmen "bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 100.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern ... ," "an Ingenieure schriftliche Honorarangebote über die Höhe des Honorars für die Ingenieurleistungen, die durch die Leistungsbilder oder andere Bestimmungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) erfaßt sind, zu richten, in denen
    1. Angaben zu den anrechenbaren Kosten und zu der Honorarzone, in die das Bauwerk einzustufen ist, nicht gemacht sind,
    2. Angaben zu den Leistungsphasen der HOAI nicht gemacht sind, bzw. Aufträge unterhalb der Mindestsätze der HOAI zu vergeben, sofern es sich nicht eine Ausnahme im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI handelt."
Gemeinsam mit den bereits früher ergangenen Urteilen, z.B. des Bundesgerichtshofs, ist damit noch einmal klargestellt:
  • Als Wettbewerbsstörer gilt sowohl diejenige Institution, die durch die Form ihrer Anfrage eine Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze herausfordert, als auch der Ingenieur/ Architekt, der auf eine solche Anfrage hin ein rechtswidriges Angebot abgibt.
  • Eine "Leistungs-" oder "Honoraranfrage", die nicht vollständig die einer Honorarberechnung zugrundezulegenden Angaben enthält, "zielt zwangsläufig darauf ab, die Ingenieure zu veranlassen, unterhalb der Mindestsätze der HOAI Angebote abzugeben" (so das Landgericht Hannover in der Begründung zu o.g. Urteil) und ist somit eindeutig rechtswidrig.

Literatur:
FRANKEN, H.: Ausschreibung von landschaftsplanerischen Leistungen.- Garten + Landschaft 11/91, S. 50
FRANKEN, H.: Keine Ausschreibung.- Garten + Landschaft 3/92, S. 69 - 70
OSENBRÜCK, W.: Honorarausschreibung über Architekten- und Ingenieurleistungen ist wettbewerbswidrig.- Deutsches Architektenblatt 1/92, S. 83
SCHLÖMILCH, E.: Auftragsvergabe: Auswahl des Architekten.- Deutsches Architektenblatt 3/92, S. BN 51 - 53
SCHMIDT, I. & St. WIRZ: Kein Preiswettbewerb - Honorare für Planungsleistungen.- Landschaftsarchitektur 02/1994, S. 52 - 53
WIRZ, St.: Planerische Leistungen unzulässigerweise ausgeschrieben.- Landschaftsarchitektur 01/1994, S. 14 - 16

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(Seiteninhalt zuletzt bearbeitet am 30.07.2002)
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