Kartierungen sind "Besondere Leistungen"

(redaktionell jeweils leicht verändert veröffentlicht in:
Natur und Landschaft 66 (1991), H. 9, S. 457 - 458; Deutsches Architektenblatt 10/1991, S. 1653 - 1654; Garten und Landschaft 5/1991, S. 50 - 52; Das Gartenamt 40 (1991), H. 7, S. 427 - 428; Landschaftsarchitektur 04/92, S. 30 - 31)

 

Immer wieder taucht auch in Fachkreisen die Frage auf, welche der notwendigen Arbeiten zur "Bestandsaufnahme" bei landschaftsplanerischen Arbeiten als Grundleistung, welche darüber hinaus als Besondere Leistung i.S.d. HOAI zu berechnen sei.
Eine Antwort hierauf soll im folgenden am Beispiel der örtlichen Landschaftsplanung gem. § 45 HOAI versucht werden.
Die Interpretation des Verordnungstextes der HOAI selber läßt durchaus Mißverständnisse zu, wenn dort formuliert wird, daß Teilaufgabe der Bestandsaufnahme das "Erfassen aufgrund vorhandener Unterlagen und örtlicher Erhebungen" sei; "Einzeluntersuchungen natürlicher Grundlagen" sowie "Einzeluntersuchungen zu spezifischen Nutzungen" werden allerdings davon abgesetzt ausdrücklich als Besondere Leistungen bezeichnet.
Auch die Formulierungen der amtlichen Begründung zur HOAI klären das Problem nur zum Teil, indem sie die o.g. "Einzeluntersuchungen" näher spezifizieren: "Soweit besondere Einzeluntersuchungen der natürlichen Grundlagen oder zu speziellen Nutzungen erforderlich sind, insbesondere wenn Spezialisten (z.B. Biologen, Klimatologen oder Geologen) beigezogen werden müssen, können diese als Besondere Leistungen abgerechnet werden."

Erfreulich deutlicher formulieren übereinstimmend die vorliegenden Kommentare zur HOAI:
"Diese Grundleistung (das "Zusammenstellen der verfügbaren Kartenunterlagen und Daten" in Leistungsphase 1) bezieht sich ausschließlich auf verfügbare, d.h. beim Auftraggeber vorhandene Unterlagen. Die Beschaffung von Materialien von anderen Behörden und Institutionen gehört nicht zur Grundleistung, sondern muß ggf. als Besondere Leistung vereinbart werden" (HARTMANN 1990, S. 14).
"Nach diesen ersten Erhebungen und deren Durchsicht muß der Auftragnehmer (in Leistungsphase 1) etwa notwendige ergänzende Fachleistungen festlegen. Derartige Fachleistungen können sein: Geologische, hydrologische, bodenkundliche, vegetationskundliche, pflanzensoziologische, klimatische, faunistische, land- und forstwirtschaftliche, wasserwirtschaftliche und andere fachliche Untersuchungen und Planungen" (LOCHER/KOEBLE/FRIK 1989, S. 546).
"Die Erfassung stützt sich nur auf vorhandene, das heißt vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte oder sonst nachgewiesene Unterlagen und örtliche Erhebungen. Es ist im Rahmen dieser Grundleistung nicht Aufgabe des Planers, diese Unterlagen, etwa durch geologische Untersuchungen, Vermessungen, Klimabeobachtungen, Begehungen usw. erst selbst zu schaffen. Sind keine ausreichenden Unterlagen vorhanden - und dies wird häufig der Fall sein - dann ist es Sache des Auftraggebers, fachlich geeignete Personen und Stellen mit deren Anfertigung zu beauftragen. Dies kann im Einzelfall auch der Auftragnehmer des Landschaftsplans sein, sofern er über die nötigen fachlichen und sachlichen Mittel verfügt" (HESSE/KORBION/MANTSCHEFF 1983, S. 736).
"Damit (mit dem 'Erfassen' der Planungsvorgaben) ist nicht die Erarbeitung der entsprechenden Unterlagen gemeint; dies wären bereits gesondert zu honorierende 'Besondere Leistungen'. Vielmehr bezieht sich das Erfassen auf bereits vorhandene Unterlagen, die der Landschaftsarchitekt zusammenstellen und in sich aufnehmen muß. Ohne dieses 'Erfassen', das selbst dann notwendig ist, wenn der Auftraggeber das gesamte Grundlagenmaterial zur Verfügung stellt, ist eine Bewertung der Landschaft, und ohne diese eine vorläufige Planfassung nicht möglich" (FRANKEN 1977).
"Die Erfassungsleistung (der Bestandsaufnahme in Leistungsphase 2) bezieht sich grundsätzlich auf bereits vorhandene Unterlagen und Erhebungen; es ist in dieser Leistungsphase nicht Aufgabe des Auftragnehmers, selbst solche Daten und Unterlagen zu beschaffen oder aufzustellen" (HARTMANN, S. 19).
"Im Bereich der Landschaftsplanung besteht allerdings ein wesentlicher Teil der Leistung des Auftragnehmers ... in der Überprüfung der Übereinstimmung zwischen den vorhandenen Daten und Unterlagen einerseits und den örtlichen Gegebenheiten andererseits" (HARTMANN 1990, S. 19).
"Die Ermittlung der Planungsgrundlagen umfaßt nicht die Einzeluntersuchung dieser Bereiche durch den Auftragnehmer (es sei denn, als Besondere Leistung), sondern erstreckt sich auf das Zusammentragen der ökologischen Planungsgrundlagen und deren für ihre Eignung erforderliche Kontrolle und Ergänzung im Gelände, sowie die Auswertung und zusammenfassende Darstellung des vorwiegend von den staatlichen und kommunalen Stellen und Behörden zur Verfügung gestellten Grundlagenmaterials" (LOCHER/KOEBLE/FRIK 1989, S. 547).
"Der wesentlichste Teil der Leistung des Auftragnehmers in dieser Leistungsphase besteht daher in der Überprüfung der Übereinstimmung zwischen vorhandenen, von seiten des Auftraggebers oder Dritter übergebener Unterlagen und Daten und der örtlichen Wirklichkeit" (LOCHER/KOEBLE/FRIK 1989, S. 548).
Als Besondere Leistungen zu honorierende "Einzeluntersuchungen können sich auch auf eingehendere Darstellungen einzelner Fachbereiche erstrecken, z.B. Erarbeitung von sogenannten Biotop-Kartierungen und ähnliches" (JOCHEM 1982, S. 349).

Die Ausführungen der Kommentare verdeutlichen, daß ein Großteil der aus fachlicher Sicht im Zuge der Landschaftsplanung vielfach unabdingbar notwendigen Arbeiten zur Bestandsaufnahme nicht mit dem Honorar für die Grundleistungen gem. HOAI abgedeckt ist.

Diese Aussage läßt sich sinngemäß auch auf die anderen Leistungsbilder des Teils VI der HOAI (z.B. Grünordnungsplan, Umweltverträglichkeitsstudie, Landschaftspflegerischer Begleitplan) übertragen.

 

Beispielsrechnung

zum Nachweis, daß auch aus ökonomischen Gründen Kartierungsarbeiten "Besondere Leistungen" sein müssen

 

Zitierte Literatur:
Amtliche Begründung und Anmerkungen zur Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI).- in: DEPENBROCK, F. H. & K. SCHIEFLER: Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in der vom 1.April 1988 an geltenden Fassung.- Köln 1988
FRANKEN, H.: HOAI für Garten- und Landschaftsarchitekten.- Stuttgart 1977
HARTMANN, R. (Hrsg.): Die neue Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI).- Kissing 1982 (in der Fassung der 33. Aktualisierungs- und Ergänzungslieferung, Dezember 1990)
HESSE, H. G., H. KORBION & J. MANTSCHEFF: Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), Kommentar.- München 1983
JOCHEM, R.: HOAI Kommentar Architektenleistungen.- 2., neubearb. u. erw. Aufl. Wiesbaden und Berlin 1982
LOCHER, H., W. KOEBLE & W. FRIK (Hrsg.): Kommentar zur HOAI.- 5. neubearb. u. erw. Aufl. Düsseldorf 1989
Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieure vom 17. September 1976 (BGBl. I S. 2805) in der Fassung der vierten Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (gültig ab 1. Januar 1991)

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(Seiteninhalt zuletzt bearbeitet am 03.05.2004)
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